Bekennerschreiben
Updated: May 20, 2021
Warum dieser Blog?
Wir meinen uns zu erinnern an eine bessere Welt. Die erste Frau war gerade Bundeskanzlerin geworden, der erste Afroamerikaner US-Präsident, die Ärzte liefen im Radio, die Wehrpflicht wurde abgeschafft und unsere Gesellschaft schien zwar langsam, aber stetig unserer linksliberalen Utopie entgegenzuschippern. Wir waren zufrieden und apolitisch, echte Maden im Speck. Doch gerade als wir naiv Hoffnungsvollen dachten, dass nun alles endgültig gut werden würde, machte sich - lange unbemerkt - von Neuem ein illiberaler Geist in unserer Mitte breit. Und anders als wir es bisher gewohnt waren, kam dieser Geist plötzlich nicht mehr primär von rechts, sondern von links. Heute nehmen wir ihn fast täglich wahr, in Gesprächen mit Freunden und Bekannten, in den Zeitungen die wir lesen, in sozialen Medien. Manche unserer Freundschaften sind zerbrochen am Rückzug einiger ehemaliger Kameraden in immer absurdere, immer totalitärere Echoräume postmoderner Linksideologie. Ob Flüchtlingskrise, Feminismus oder LGBTQ+, plötzlich waren selbst wir nicht mehr links genug, um in unserer sozialen Blase noch bestehen zu können. Und die Gedanken, die unsere verirrten Kameraden in ihrem Wahn ausbrüteten, fanden wir alsbald erschrocken im absoluten gesellschaftlichen Mainstream wieder. Gleichzeitig mussten wir mit wachsendem Unbehagen zusehen, wie zuerst die AFD in den Bundestag einzog, die Briten wider aller Erwartungen für den Brexit stimmten und zuletzt ein infantiler Psychopath ins Weiße Haus einzog. Wie passt all das zusammen? Wir glauben, dass wir gerade eine gefährliche Phase gesellschaftlicher Polarisierung erleben. Radikale Stimmen - getarnt als das new normal - beherrschen zunehmend den Diskurs, während die gemäßigten Stimmen immer mehr untergehen. Wir glauben, dass wir dringend eine neue, starke, gut hörbare politische Mitte brauchen! Wir glauben, dass wir hierfür vor allem ein gesellschaftliches Korrektiv nach links aufbauen müssen, das - anders als das Korrektiv nach rechts - bislang kaum existiert und so selbst linkstotalitäre Ideen kaum energischen Widerspruch aus der gesellschaftlichen Mitte erfahren. Diese Hypothese ist Ausgangspunkt für die Entstehung dieses Blogs.
Wer sind wir?
Wir sind eine Gruppe junger Menschen ohne Sorgen. Da hat man leicht reden, das wissen wir. Wir glauben jedoch, dass es genau solche Menschen braucht, um den derzeit überaus schrillen gesellschaftlichen Diskurs wieder in eine vernünftigere, menschlichere Richtung zu steuern. Wir stehen keiner bestimmten Partei oder Organisation nahe, haben uns aber auf dem politischen Spektrum immer mittig-links verortet. Wir mögen Vielfalt, wir recyclen, haben kein Problem damit, Personen des eigenen Geschlechts zu knutschen und wir mögen keine Nazis. Am Ende des Tages entsprechen wir wahrscheinlich ziemlich der Norm. Wir wollen gar nicht viel mehr zu unserer Identität sagen, denn eigentlich sollte all das nicht wichtig sein. Eines der wichtigsten Ideale, das aktuell in unserer Gesellschaft verloren zu gehen droht ist der Grundsatz, dass die Identität eines Anderen für die Validität seiner Aussagen keine Rolle spielt und wir trotz unterschiedlicher persönlicher Erfahrungen und Hintergründe in einen wertschätzenden, konstruktiven Dialog treten können. Dieses Ideal wollen wir hochhalten.
Wofür schreiben wir?
Wir schreiben für uns! Wir schrieben für unsere linke Blase! Wir schreiben aus selbsttherapeutischen Zwecken. Wir schreiben, um uns einen Raum (keinen Safe space!) zu schaffen, in dem wir Falsches kritisieren, Richtiges klarstellen und unsere Vision für eine bessere Zukunft formulieren können. Wir schreiben für die große, aber leise Mitte. Wir schreiben für all die falsch abgebogenen Schafe, die sich insgeheim ihren Teil denken, aber sich nicht trauen, den Mund aufzumachen. Wir schreiben für mehr Leichtigkeit, für mehr ehrliche Blicke in den Spiegel und in wissenschaftliche Literatur, für mehr Verständnis füreinander, für mehr Misstrauen gegenüber sich selbst. Wir schreiben für ein Korrektiv zu beiden Seiten des politischen Spektrums. Und für einen neuen Weg, raus aus dem postmodernen Wirrwarr, bevor aus der Farce unserer Zeit noch eine Tragödie wird.
Wogegen schreiben wir?
Wir schreiben gegen uns! Wir schreiben gegen unsere linke Blase! Wir schreiben gegen die Moralapostel und Hohenpriester unserer Tage, wir schreiben gegen Tugendgebaren, politische Korrektheit und Identitätspolitik, gegen Sozialkonstruktivismus, gegen die Verwechslung von Ungleichheit und Diskriminierung, gegen Moralhypertrophie. Wir schreiben gegen Ideologie im Allgemeinen, gegen Gruppenloyalität, gegen einseitige Argumentation, gegen gefühlte Wahrheiten und emotional geführte Diskurse, wir schreiben gegen totalitäre Ideen. Natürlich schreiben wir auch gegen Impfgegner und Klimawandelleugner. Klar sind wir am entschiedensten gegen Rechts. Aber wer ist das nicht? Wir sind uns sicher: Wer uns liest, braucht keine weiteren Argumente gegen Rechts, sondern gegen sich selbst. Daher soll hierauf ein besonderer Fokus liegen.
Sind wir meschugge?
Sehen wir vielleicht Gespenster? Ist das Problem vielleicht viel weniger groß als wir denken? Auch dieser Möglichkeit wollen wir Raum geben, und wenn sich am Ende herausstellt, dass wir alle nur ein wenig paranoid waren, soll es uns recht sein. Aber wir werden versuchen, Evidenz sowie Anekdoten als Belege für unsere Einschätzung zusammenzutragen, dass eine kleine, radikale Minderheit postmoderner Ideologen uns vor sich hertreibt in eine gefährliche Richtung, und schon zu viele von uns mitmachen. Und wir möchten verweisen auf die tief zerrüttete US-amerikanische Gesellschaft, die schon so oft in ihrer Entwicklung unserer vorausging und die bereits heute eine düstere Vorahnung liefert, was unserer Gesellschaft möglicherweise droht. Ohne den Teufel an die Wand zu malen sollten wir uns vergegenwärtigen, dass in der Vergangenheit viele totalitäre Systeme von ähnlichen gesellschaftlichen Tendenzen ausgingen wie wir sie aktuell in unserer Mitte erleben und die oftmals erst dann ernst genommen wurden, als es schon zu spät war. Lasst uns dieses Mal vorausschauender und wachsamer sein.