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Die Radikale Mitte

Das Manifest der Radikalen Mitte

Updated: May 26, 2021

I DIE POSTMODERNE IST ETWAS, DAS ÜBERWUNDEN WERDEN MUSS

In unserem Zeitalter, das wir liebevoll die Postmoderne nennen, treiben drei große Märchen ihr Unwesen: Das Märchen des Relativismus, das Märchen des Subjektivismus und das Märchen des Sozialkonstruktivismus. Die Auswüchse dieser albernen Theorien haben einen erstaunlich großen Teil unserer Gesellschaft befallen. Die Gedanken der Infizierten nehmen dabei typischerweise folgende, bizarr-paradoxe Formen an:

  • Alles ist relativ und es gibt keine Wahrheit! Glaub mir, das ist die Wahrheit!

  • Ich bin das Epizentrum der Welt und alles, was ich sage und denke, ist Gold

  • Was ich fühle, ist richtig, und was richtig ist, fühle ich

  • Der einzige Einfluss von Genen ist der auf meinem Mais

  • Der höchste Ausdruck eines reifen Geistes ist ein T-Shirt mit dem Aufdruck: „create your own reality“

  • Wissenschaft ist doch auch nur eine Meinung

  • Es gibt keine menschliche Natur und wir alle können Zwölftonmusik lieben lernen

  • Sprache bildet Realität nicht ab, sondern kreiert sie

Tief verunsichert durch das relativistische Mantra unserer Zeit sucht die postmoderne Seele in einer stetig expandierenden Welt verzweifelt nach Halt, und findet die ersehnte Klarheit und Komplexitätsreduktion nicht selten in den Echoräumen der eigenen Überzeugungen. Die Kinder der Postmoderne meinen dabei im Subjektivismus die Legitimation für ihre Selbstherrlichkeit zu erkennen, mit der sie die eigenen Intuitionen und Gefühle zum Maß aller Dinge erheben, und so erklärt der postmoderne Mensch gemeinsame Wahrheitssuche, Vernunft und Wissenschaft gerne opportunistisch zu Nebensächlichkeiten, als sei er stolz auf die eigene Ignoranz. Zuletzt entlarvt das postmoderne Subjekt unliebsame Aspekte seiner Umwelt trotzig und nach Belieben als Sozialkonstrukt, um prompt die Umerziehung des Menschen im Sinne der eigenen Überzeugungen als Endziel auszugeben. Es ist nicht zuletzt diese totalitäre Tendenz, die den postmodernen Menschen zu einem vortrefflichen Soldaten im Kampf der Ideologien werden lässt. Die postmoderne Doktrin - am prominentesten artikuliert durch ein paar dauertrunkene Franzosen - hat dabei qua ihres Ursprunges eine stark links-ideologoische Ausrichtung, für die sich insbesondere die kindlich-fragilen Gemüter, wie sie paradoxerweise vor allem unseren privilegierten, atraumatischen Sphären entspringen, als anfällig erweisen. Unterdessen scheinen die Vergessenen und Unterprivilegierten unserer Zeit vermehrt rechter Ideologie anheimzufallen, jedoch stets auf Basis der gleichen postmodernen Prämissen. Auf einem Auge blind, irren die so Indoktrinierten durch die Welt, verwundet durch die anti-humanistischen Dogmen ihrer selbstgewählten Glaubenssätze, und allzu oft infizieren sie auch ihr soziales Umfeld mit jener ideologischen Verblendung, an der sie selber leiden. Solche Infektionsketten zu unterbrechen, ist wichtige Aufgabe der Radikalen Mitte. Die Radikale Mitte muss der Arzt sein für all diejenigen, die nicht mehr an der Postmoderne leiden wollen!


II LINKS IST DAS NEUE RECHTS

Traditionell galt die konservative Rechte als Interessenvertreter der Bourgeoisie, während die progressive Linke die Belange des Proletariats für sich beanspruchte. Lange schienen in der westlichen Welt konservative Kräfte die letztendliche gesellschaftliche Deutungshoheit zu besitzen, und analog war die gesellschaftliche Mitte überwiegend von konservativen Werten geprägt. Die konservativen Bourgeois in den Schaltzentralen der Macht gefielen sich in ihrer Diffamierung der linken Idealisten als Spinner und arbeitsscheue Hippies, sie diktierten eine politisch korrekte Sprache, sie nutzten ihren gesellschaftlichen Einfluss zur Verbreitung ihrer ideologischen Dogmen, sie entwarfen wohlfeile Feindbilder, sie betrieben eine identitäre Politik.


Lange hielt sich dieser Zustand, doch in den vergangenen Jahrzehnten brachte ein fundamentaler gesellschaftspolitischer Wandel das Bild der Privilegierten als rechts-konservativ ins Wanken. In vielen Teilen der westlichen Welt trat eine neue, links-postmoderne Bourgeoisie hervor, während sich rechtes Gedankengut zunehmend zu einer Insignie des Proletariats entwickelte. Auch der gesellschaftliche Mainstream ließ sich nicht lange bitten und orientierte sich - hoffnungsvoll - zunehmend an linken Vordenkern aus den Universitäten, Leitmedien und Künsten. Endlich waren wir Linken die dominierende Stimme, von denen die breite Öffentlichkeit ehrfurchtsvoll eine Orientierungshilfe auf dem Weg in eine bessere Zukunft erwartete. Aber was taten wir linken Eliten mit der neu gewonnenen gesellschaftlichen Deutungshoheit? Kaum errungen, bedienten wir uns der gleichen autoritären Mittel wie zuvor unser politischer Gegner: Auch wir diffamierten unsere konservativen Gegner, auch wir diktierten unsere eigene Version politisch korrekter Sprache, auch wir verbreiteten unsere ideologischen Dogmen, auch wir entwarfen unsere eigenen, wohlfeile Feindbilder, auch wir betrieben unsere eigene Identitätspolitik. Mit Büsten von Marx und Foucault auf unseren Schreibtischen, erklärten wir Ausbeutung und Machtstreben zu den einzig relevanten Motiven unserer Mitmenschen, und unsere Gesellschaft - während sie immer gerechter und offenherziger wurde - zu nichts als einer erbitterten Kampfzone zwischen Unterdrückern und Unterdrückten. Wie unser politischer Gegner vor uns, nutzten wir Geschlecht, Ethnie und Sexualität unserer Mitmenschen, um sie in das Lager der Guten oder der Bösen zu sortieren, nur dieses Mal in umgekehrter Weise. Die, die uns die Gefolgschaft verweigerten, stellten wir an den Pranger. Wir, die Privilegierten, die Akademiker, die Großstädter, taten dies im Namen der Unterprivilegierten, ohne dass man uns dies als Verlogenheit vorhielt. Kaum jemand widersprach unserer Ungerechtigkeit im Namen der Gerechtigkeit, unserem Exklusivität in unserem Ruf nach Inklusion, unserer Intoleranz im Namen der Toleranz.


Wie konnte es so weit kommen? Woher rührt dieser Verrat an unseren einstigen, links-liberalen Idealen? Wieso glauben wir, dass die perfiden Methoden rechter Ideologen auf einmal zu Tugenden werden, wenn wir Linken sie anwenden? Wie kann man erklären, weshalb die Redakteure unserer Leitmedien seit kurzem mit stolzgeschwellter Brust jede sich bietende Schmähung gegen weiße, heterosexuelle oder männliche Individuen publizieren, während sie von einem Gruppenvideo non-konformer Schauspieler eine direkte Linie nach Rechtsaußen ziehen. Weshalb sich an Universitäten ganze Fakultäten nicht mehr wissenschaftlichem Erkenntnisgewinn, sondern pseudowissenschaftlicher Legimitierung links-totalitärer Dogmen verpflichten. Weshalb in Politik und Wirtschaft zunehmend das marxistische Konzept der Ergebnisgleichheit das freiheitliche Ideal der Chancengleichheit trumpft.


Ein bedrückender Gedanke drängt sich auf: Was früher die Rechte war, ist heute die Linke! Sie ist die zunehmend dominante ideologische Strömung in unserer Gesellschaft, die durch autoritäre Mittel ihre Grundsätze als Orthodoxie zu etablieren sucht. Wie zuvor den Rechten, geht es auch der postmodernen Linken nicht um genuine Gerechtigkeit, sondern um Selbstgerechtigkeit, um die Lust am Gruppenkampf, um Triumph im ideologischen Kulturkrieg. Anders als die Rechte gibt sich die postmoderne Linke dabei eine moralische Fassade, was es den Gemäßigten erschwert, ihre finsteren Motive zu erkennen. Und so geht die größte Gefahr letztendlich von der gesellschaftlichen Mitte selbst aus, da sie aktuell - anders als gegenüber rechter Ideologie - kein ausreichendes Korrektiv gegenüber postmoderner Linksideologie besitzt. Wichtiges Ziel der Radikalen Mitte muss es daher sein, zur Etablierung eines solchen Korrektivs beizutragen, und sich dennoch mit zwei Schilden gegen die zunehmende Bedrohungen von beiden Seiten des politischen Spektrums zu wappnen.


III DIE AUREA MEDIOCRITAS - MAKE MITTE GREAT AGAIN

Lange betrachteten wir den kontinuierlichen Linkstrend unserer Gesellschaft schlicht als Fortschritt - vielleicht lange zurecht. Doch selbst im Angesicht links-autoritärer Tendenzen scheint unsere gesellschaftliche Mitte eine Gefahr von links nicht für möglich zu halten. Die zugrundeliegende Intuition dabei mag sein: Da die extreme Gefahr radikal rechter Ideologie offenkundig ist, müssen wir uns als Gesellschaft zwangsläufig dem Optimum nähern, je weiter wir nach links rücken. Wir erklären diese Intuition zu einem Trugschluss, und proklamieren: Das Optimum liegt in der Mitte! Rechte wie linke Ideologie müssen in Zukunft unzweifelhaft als gefährliche Irrlichter begriffen werden, deren fatales Wirken im vergangenen Jahrhundert keinen Raum lässt für eine Apologetik. Um uns als Gesellschaft zu schützen vor weiterer Polarisierung betonen wir daher die Notwendigkeit einer Alternative zu den beiden ideologischen Lagern, einer dritten Macht, die sich durch ideologischen Atheismus auszeichnet und der stillen Mehrheit der Gemäßigten eine eigene politische Identität stiftet. Die Ideale vertritt, keine Ideologie, die also Wahrheit über ideologische Glaubenssätze stellt. Diese Bewegung muss sich der Vernunft und der Güte verpflichten, sie muss Mitgefühl haben mit ihren Gegnern, sie muss dem Gespenste die Hand reicht, das sich fürchten machen will. Sie muss humorvoll bleiben auch im Angesicht der Niedertracht. Doch vor allem muss sie ihre Positionen energisch vertreten und darf nicht einknicken unter dem Geschrei der Ideologen zu beiden Seiten. Es braucht endlich diese Bewegung! Es braucht die radikale Mitte! Für diese Bewegung sind Menschen notwendig, die nicht mittig stehen aus Trägheit oder falscher Diplomatie, sondern aus Überzeugung. Die mittig stehen, weil sie die Welt in ihrer Komplexität und Ambivalenz begreifen. Es braucht Menschen, die mutig sind und sich nicht einschüchtern lassen. Es braucht Menschen aller Couleur. Es braucht ein heterodoxes Kollektiv. Es braucht Supermodels und Rockstars. Mitte muss sexy werden! Diese Mitte muss dabei die ihr immanente Problematik überwinden, stets als schnöder Kompromiss und Sammelbecken der Langweiler missverstanden zu werden. Daher muss sie radikal sein. Sie muss dennoch zu jeder Zeit offenherzig bleiben gegen diejenigen, die ihren Weg zurück aus der ideologischen Verblendung suchen. Und sie muss helfen, die Postmoderne zu überwinden und hinüber zu führen in ein postideologisches, neo-humanistisches Zeitalter!




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